Peru – 6. und 7. Tag
Im Urlaub ist es ziemlich schwierig, so früh aufzustehen. Aber alles klappt. Die Dame aus dem Reisebüro steht mit dem Taxi pünktlich um 6.30h vor der Hotelpforte. Wir werden nur ein paar Straßen weiter im Zentrum von Cusco abgeladen, wo noch mehrere Busse mit Machu Picchu Reisenden warten. Im Bus erhalten wir dann durch unsere Reiseleiterin die Unterlagen: Zwei Fahrkarten für die Bahn nach Aguas Calientes, 2 Fahrscheine für den Pendelbus zwischen Aguas Calientes und Machu Picchu sowie die Eintrittskarte für das Weltkulturerbe. Dann starten wir mit dem Bus nach Poroy, einem Vorort von Cusco. Dort beginnen die Züge nach Machu Picchu. Nach etwas 20-minütiger Fahrt durch die weniger schönen Stadtteile von Cusco landen wir am neuen Bahnhof von Poroy. Eindrucksvoll stehen die Loks der PeruRail blaulackiert mit gelben Schriftzug bereit. Der Bahnhof ist weitestgehend abgesperrt und die bunt gekleideten Frauen, die ihre Reiseandenken oder Verpflegung anbieten, kommen nur bis zum Absperrgitter. Die Bahnhofshalle ist voll mit Touristen und nur mit Mähe kann ich mich bis zur Toilette durchschlagen. Ich versuche, ein paar Fotos von Lok und Zug von außerhalb des vergitterten Bahnsteigs zu machen, komme aber nicht gut an ran. Außerdem wird noch rangiert. Als das erledigt ist, kommt auch bald eine Durchsage auf Spanisch und Englisch und wir reihen uns in einer der Warteschlangen ein.
Die Fahrscheine werden bereits vor dem Bahnsteig kontrolliert und wir werden zum jeweiligen Wagen gewiesen. Dort geht es deutlich langsamer voran, da jetzt Fahrschein und Reisepass verglichen werden. Erst dann dürfen wir auf unsere zugewiesenen Plätze. Als wir aus dem Fenster sehen, sind wir etwas enttäuscht. Neben uns steht der nach dem Entdecker Machu Picchus, Hiram Bingham, benannte Luxuszug nach Aguas Calientes. Von unserem Fenster aus, können wir die dicken Ledersessel, Ruheliegen und das im Stil des Orient Express gehaltene Bordrestaurant ausmachen. Da dürften die Fahrkarten etwas teurer sein. In einem Bahnhof überholen wir auch einen Vistadom. Das ist nach unserer Backpacker die nächst teurere Reiseklasse. Offensichtlich haben dort die Reisenden Lunchpakete bekommen, wir können an Bord ein Stück Kuchen kaufen. Außerdem hat der Vistadom eine andere Fensteranordnung und man hat offensichtlich einen besseren Ausblick auf die Berglandschaft, wenn es von 3.400m auf 2.000m hinuntergeht. Außerdem halten wir noch in dem einen oder anderem Dorfbahnhof und kuppeln weitere Wagen an. Wir beobachten wie dann mit großem Trara weitere Reisende, diesmal Einheimische, zusteigen. Die Wagen sind noch einfacher gestaltet und fassen auch deutlich mehr Passagiere. Leider darf man während der Fahrt nicht zwischen den Wagen wechseln, obwohl die Türen unverschlossen sind, dass darf nur das Zugpersonal. Einige Ingenieros sind mit Funkgeräten laufend im Zug unterwegs. Beim Rangieren an Weichen, beim Ankuppeln in den Bahnhöfen sind sie stets irgendwo links und rechts vom Zug und verständigen sich per Funk. Ganz offensichtlich überlässt man hier nichts dem Zufall.
Endlich kommen wir in Aguas an. Wer zum Beispiel Rüdesheim oder den Schwarzwald für einen Touristennepp ersten Ranges gehalten hat, kennt Aguas Caliente nicht. Aus dem 500-Seelen-Dorf ist eine Aneinanderreihung von Restaurants billigster bis gehobener Qualität sowie von simplen Pensionen geworden. Man kann keinen Schritt tun, ohne von irgendjemanden eine Speisekarte unter die Nase gehalten zu bekommen. Und das zur jedweder Tages- und Nachtzeit. Wir folgen einem Mädchen, das uns am Bahnhof abholt, zur Pension. Angeblich ist Aguas nachts ganz ruhig, aktuell stört der Baulärm, da an jeder Ecke des Dorfes gebaut und erweitert wird. Das Wachstum ist noch nicht zu ende. Zumindest unsere Dusche lässt in heißen, dicken Strahlen das Wasser rauschen – Aguas Calientes eben. Wir schauen uns erst einmal um, den wir hatten noch keine Gelegenheit, zu frühstücken. Und es ist bereits früher Nachmittag. Außerdem hat Heike im Reiseführer noch einen Geheimtipp entdeckt. Es soll einen alten und sehr schwierigen Weg auf dem Hausberg von Agua geben. Von dort oben soll man eine tollen Ausblick auf Machu Picchu haben, soweit das Wetter es zulässt.
Ich frage einen Polizisten und bekomme die Auskunft, dass wir den Bahngeleisen folgen sollen. Was wir auch bis zum Güterbahnhof machen. Dann deuten uns zwei Arbeiter, wir sollen durch eine kleine Gasse gehen. Keine Ahnung, wie die wissen, was wir vorhaben. Wir kommen auf der Straße nach Machu Picchu raus und laufen weiter, ohne irgendeinen Weg auf den Berg zu entdecken. Nach etwa 2 Kilometern entscheide ich, dass wir umkehren. Wir gehen wieder auf das Geleis und sehen nach etwa 50 Metern ein paar Treppenstufen in den Berg. Endlich, das ist der Weg nach oben. Es sollen 500m Höhenunterscheid sein und mir machen die ersten 50 Meter bereits heftig zu schaffen. Immerhin sind wir immer noch auf 2.000m Höhe und ich schleppe auch noch die Kameratasche mit dem zweiten Objektiv mit mir herum. Heike hat ihre Sportuhr mit dem Höhenmesser dabei und die bislang unter Mühen zurückgelegte Strecke ist absolut demotivierend. Aber plötzlich biegen wir um eine Kurve und stehn vor den beschriebenen Leitern. Allerdings spottet der Anblick jeglicher Beschreibung im Reiseführer. Vor uns geht es bestimmt 40m senkrecht hoch. Stämme im Telefonmastenformat bilden die Leiter. Die Sprossen sind etwa armdick aber gut zu greifen. Links zieht sich noch ein Drahtseil hoch, das mehrmals gesichert ist. Heike und ich ergänzen uns hervorragend: Sie hat Höhenangst und ich bin schlecht in Form. Aber wir steigen dennoch hoch. Nicht nach unten sehen (nach oben ist es aber auch nicht besser) und gleichmäßig hoch. Wir schaffen es tatsächlich. Und stehen vor der nächsten Leiter, die bestimmt noch einmal 15m hoch ist. Während wir noch unseren Triumph auskosten, hören wir das erste Donnergrollen. Der Himmel ist bedeckt und wird zusehends dunkler. Für uns ist das ein willkommener Anlass, die Aktion abzubrechen und abzusteigen. Wir suchen uns abends das beste Restaurant auf der Flaniermeile aus und lassen es uns gutgehen. Da völlig unklar ist, ob es sich bei Pisco Sour Tradicional um einen Digestif oder um einem Aperitif handelt, wollen wir nichts falsch machen und bestellen uns jeweils einen vor und nach dem Essen. Dann gehen wir frühzeitig ins Bett. Zwar ist unsere Führung erst um 8.00h gebucht, aber Heike kann es nicht mehr abwarten.
Ihr Wecker klingelt um 5.00h. Ich drehe mich noch einmal um und ratze noch eine Stunde. Und Heike macht sich tatsächlich um 5.30h auf, um einen der ersten Busse zu erwischen. Ich schaffe es bis ca. 7.45h auf den Berg. Ich habe noch das Gepäck zur Aufbewahrung gegeben, konnte auf die Schnelle noch eine Tasse Kaffee im Hotel erhaschen und bin dann zur Abfahrtsstelle der Busse gegangen. Dort ging es innerhalb von 10 Minuten weiter. Alle Pendelbusse sind neuwertige Busse aus dem Hause Mercedes-Benz. Entsprechend bequem geht es die steile Serpentinenstraße hinauf. Kurze Zeit später treffe ich Heike, die bereits seit einer Stunde fotografiert hat. Bis zur Führung sind noch 15 Minuten Zeit und wir können am Kiosk das Frühstück nachholen.
Dann kommt unser Führer Pedro und wir machen uns in einer Riesengruppe auf den Weg. Zwar wird die Gruppe noch nach Spanisch und Englisch aufgeteilt und wir sind jetzt ab sofort mit Pedros Mutter unterwegs, aber es sind immer noch zu viele Leute. Mühsam müssen wir nochmals 20 bis 30m Höhenmeter zu Fuß überwinden aber dann habe ich den ersten Blick auf Machu Picchu und der entschädigt für alle Strapazen. Alle Kameras gehen los und es gibt nur Postkartenfotos – aber was ist eine noch so schöne Postkarte gegen das eigene Foto und den eigenen Augenschein. Die Tour ist für zwei Stunden angesetzt und während wir der Führerin über das Riesengelände folgen, füllt sich Machu Picchu zusehends. Nach den bereits strapaziösen gut zwei Stunden Führung (ich habe ein Lama streicheln können), bleiben wir noch etwas, um ein paar schöne Motive zu suchen und die Atmosphäre zu genießen. Aber die noch weiter anschwellende Besucherzahl lässt gar keine echte Stimmung aufkommen. Wir brechen zurück nach Aguas auf und müssen bis zur Zugabfahrt den ganzen Nachmittag noch herumbringen. Das wird recht langweilig, da es ja außer 'Kunsthandwerk' (alle Stände bieten ausschließlich identische Waren an) und Restaurants nichts gibt. Wir suchen uns wieder ein mexikanisches Restaurant an der Bahnstrecke aus. Man sitzt direkt gegenüber der Geleise und sieht anderen Leuten bei der Arbeit zu. Da Aguas Calientes praktisch nur aus Fußgängerzonen besteht, müssen alle Waren vom Güterbahnhof auf Schubkarren und anderen abenteuerlichen Gefährten zu den Kunden gebracht werden. In erster Linie sind das Lebensmittel und Baustoffe.
Im Zug sitzen wir einem Pärchen gegenüber, einer Peruanerin mit ihrer spanischen Freundin. Nachdem herauskommt, dass ich Spanisch radebreche, lässt sie mir kaum eine ruhige Minute und will alles Mögliche wissen – insbesondere von Heike. Das mit Gespräch von Frau zu Frau klappt aber nicht so richtig, weil ich mittendrin sitze und in beide Richtungen übersetzen muss.
Auf dieser Rückfahrt halten wir nicht in Poroy, unserer Ausgangsstation, sond bereits weit vorher. Es stehen aber supermoderne Großreisebusse bereit, die uns in gut eineinhalb Stunden nach Cusco zurückbringen. Dort erleben wir die erste Überraschung: Es gießt wie aus Kübeln und es sind kaum Taxis da. Es kommt Bus nach Bus an und alle stehen ein bisschen hilflos herum. Wir entschließen uns, trotz des Regens ein paar Straßen weiterzugehen, um wenigstens alleine ein leeres Taxi anhalten zu können. Was uns auch gelingt. Als gegen 22.30h im Hotel ankommen, erartet und die nächst, ganz harte, Überraschung. Der Veranstalter unserer Urwaldtour hat angerufen. Die sowieso schon frühe Abfahrt zwischen 5.00h und 5.30h ist auf 4.00h bis 4.15h vorgelegt worden. Ganz schnell packen wir unsere Sachen und gehen ins Bett. Bis zum Wecken um 3.30h bleiben uns nur 4,5 Stunden Schlaf.

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